Auf den Spuren eines Kshatriya 1 – Eine Reise in die Vergangenheit - in ein früheres Leben
- Anja
- 13. Nov.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Nov.
„Die Rückkehr nach Cheranadu – Erinnerung an ein früheres Leben“
Indien hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Es war nie einfach ein Reiseziel – es fühlte sich an wie ein Wiedersehen. Seit meiner ersten Reise dieses unbeschreibliche Gefühl, angekommen zu sein. Doch im Süden, irgendwo zwischen dem Duft von Jasmin und dem Klang der Tempelglocken, war es noch intensiver – als hätte ich dort schon einmal gelebt.
Vielleicht, dachte ich, steckt mehr dahinter.
Ein Naadi Reader – ein jener geheimnisvollen Palmblatt-Weisen – sprach irgendwann von einem alten Leben, einer Seele, die einst einem Kshatriya angehörte: einem Kriegeradeligen aus der Zeit der Cheras. Seitdem ließ mich der Gedanke nicht mehr los. Wer waren diese Kshatriyas, die Beschützer, die zwischen Macht und Pflicht standen, Krieger und König zugleich? Sie regierten, verteidigten, bauten und beteten – meist zu Shiva, dem Zerstörer und Erneuerer.

Ein Nadi-Palmblatt, ist ein uraltes Manuskript, das auf getrockneten Palmblättern geschrieben wurde. Diese Blätter enthalten Vorhersagen, Lebensgeschichten und spirituelle Hinweise, die schon vor Jahrhunderten von Weisen verfasst wurden. Man glaubt, dass sie Informationen über einzelne Menschen enthalten – manchmal über frühere Leben, Aufgaben im jetzigen Leben oder karmische Zusammenhänge.
In der Praxis sucht man einen Nadi-Leser auf, der aus einer großen Sammlung von Palmblättern genau das Blatt auswählt, das die eigene Lebensgeschichte enthält. Dann wird es vorgelesen – oft erstaunlich präzise, manchmal geheimnisvoll, und manchmal so, dass man das Gefühl hat, Vergangenheit und Gegenwart würden ineinanderfließen.
Wer offen ist, spürt dabei oft eine tiefe Verbindung zu seiner eigentlichen Lebensspur – eine Mischung aus Geschichte, Mystik und persönlicher Entdeckung.
Und so versuche ich, ihren Spuren zu folgen.
Es ist für mich mehr als eine Reise. Es ist ein Versuch, die Spuren eines alten Lebens zu berühren – die nicht nur durch Städte und Landschaften führt, sondern durch über 2200 Jahre Geschichte. Ich folge den Spuren meiner Seele um zu sehen, ob die Seele sich tatsächlich erinnert.
Wer waren diese Kshatriyas? Und was verband mich mit ihnen?
Cheranadu, das heutige Kerala, war schon vor Christus ein Zentrum von Spiritualität, Macht und Handel. Händler aus Rom, Arabien und dem Osten kamen, um Pfeffer, Gold und Edelsteine zu tauschen. Über all dem wachte das stolze Geschlecht der Chera-Kshatriyas – Kriegerkönige, deren Reich und Einfluss weit über die Grenzen Südindiens hinausreichte.
Diese Könige waren mehr als Herrscher: Strategen, Händler, Tempelgründer und Lenker ganzer Landstriche. Ihre Entscheidungen konnten Dörfer verschieben, Flüsse umleiten, neue Städte entstehen lassen. An heiligen Orten erhoben sich prachtvolle Tempel, Zeugnisse von Mut, Weisheit und unerschütterlicher Ordnung.
Die alten Texte beschreiben die Kshatriyas weder als reine Heilige noch als bloße Eroberer, sondern als beides zugleich. Sie standen zwischen Himmel und Erde, zwischen Schwert und Gebet. Ihr Auftrag war es, Dharma, die kosmische Ordnung, auf Erden zu bewahren. Reichtum war für sie kein Maßstab, sondern Tapferkeit, Loyalität und Gerechtigkeit. Viele verehrten Shiva, den Zerstörer und Erneuerer, und verbanden weltliche Macht mit spiritueller Hingabe. Manche dienten den Brahmanen, Hütern des Wissens, als Beschützer.
Doch auch die größten Reiche der Geschichte konnten der Vergänglichkeit nicht entkommen. Kriege, Naturkatastrophen, Machtwechsel und der Wandel der Religionen löschten ganze Dynastien aus. Namen, einst in Stein gemeißelt, verwehten im Staub der Jahrhunderte. Und dennoch hallt ihr Erbe weiter – in Palmblatt-Schriften, in Steinsäulen vergessener Tempel, in den stillen Bergen Keralas und Tamil Nadus. Die Energie dieser Krieger lebt fort, leise, doch spürbar für jene, die hören und fühlen.

Namen wie Shivikramander und Senguttuvan Chera sind bis heute überliefert. Ihre Taten prägen Tempel, Flussläufe und Festungen, lebendig in Erzählungen von Mut, Kühnheit und unerschütterlicher Disziplin. Senguttuvan soll sogar das heilige Silappatikaram-Epos inspiriert haben – eine Geschichte von Liebe, Ehre und göttlicher Vergeltung, die den Geist jener Epoche atmet.
Manche Seelen dieser Krieger kehren vielleicht zurück, nicht um erneut zu herrschen, sondern um zu erinnern, zu verstehen und die alten Fäden zwischen Vergangenheit und Gegenwart wieder zu verknüpfen. In den Schatten der Steinsäulen, im Atem der Berge, in der Ruhe der Tempel spürt man die uralte Kraft, das Licht und die Ordnung, die einst über Cheranadu wachte. Nichts ist je wirklich verloren – nur verborgen, bis es wiederentdeckt wird.

Vielleicht bin ich einer der Krieger? Vielleicht auch nicht!




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